Anlaufstelle Süd (Halle), 29.01.2014

Verhandlungsbeginn: Freitag, der 31. Januar 2014, 9:00 Uhr, Landgericht Halle, Saal 90, Hansering 13

Im Prozess um den rassistischen Angriff auf zwei Familien mit palästinensischem und kurdischem Hintergrund auf der Eisleber Frühlingswiese im April 2012 will das Landgericht Halle am kommenden Freitag die Beweisaufnahme schließen. Es wird davon ausgegangen, dass Staatsanwaltschaft und Nebenklägervertreter_innen ihre Plädoyers halten und damit das Ergebnis der nunmehr siebenmonatigen Beweisaufnahme darstellen werden.
Seit nunmehr Ende Juni 2013 verhandelt die 6. Große Strafkammer (Jugendkammer) gegen drei zur Tatzeit 18, 24- und 31-jährige Rechte, denen die Staatsanwaltschaft gefährliche Körperverletzung vorwirft. Am späten Nachmittag des 29. April 2012 sollen sie unter rassistischen Beschimpfungen auf zwei Familien losgegangen sein und sechs Betroffene z.T. erheblich verletzt haben. So wurde ein 32-Jähriger mit einem Schlagring von hinten zu Boden geschlagen, bevor die Angreifer immer wieder u.a. mit einem Teleskopschlagstock gezielt auf seinen Kopf einschlugen. Eine 38-Jährige wurde mehrfach so massiv mit ihrem Kopf auf den Fußboden geschlagen, dass sie das Bewusstsein verlor. Die Angreifer hörten erst auf, als jemand rief, dass die Polizei komme.

Im Vorfeld des Prozesses hatten die Betroffenen und ihre Anwält_innen mehrfach die Arbeit der Ermittlungsbehörden kritisiert und u.a. bemängelt, dass nicht – wie anfänglich eingestuft – weiter wegen versuchten Totschlags ermittelt worden war. Die Mobile Opferberatung sprach von einer Verharmlosung der Tat durch die Staatsanwaltschaft Halle. Diese hatte es beispielsweise versäumt, eine gerichtsmedizinischen Untersuchung der Verletzungen der Betroffenen anzuordnen. Haftbefehle für die Beschuldigten – einer stand zum Tatzeitpunkt unter Bewährung – wurden nicht beantragt. Stattdessen ließ sie in der Ermittlungsakte Daten der Beschuldigten schwärzen, die angegeben hatten, Angst vor Vergeltungsmaßnahmen der “Ausländer” zu haben. Acht Monate vergingen, bis Anklage erhoben wurde, allerdings lediglich zum Amtsgericht Eisleben. Ob die Tat einen politischen Hintergrund habe, müsse erst die Hauptverhandlung erweisen, so ein Sprecher Anfang Januar 2013 gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Erst nach Intervention der Nebenklage und massiver öffentlicher Kritik verwies das Gericht den Fall ans Landgericht Halle.

Nachdem drei der Betroffenen öffentlich über ihre Perspektive auf die traumatischen Ereignisse und deren Folgen gesprochen hatten, hatte das Schicksal der Familie mit palästinensischem Hintergrund bundesweit große Anteilnahme und Solidarität ausgelöst. Beide Familien waren aus Angst vor erneuten Angriffen aus Lutherstadt Eisleben weggezogen und leiden bis heute zum Teil noch erheblich unter den physischen und psychischen Auswirkungen. Die Verhandlung soll am 7. Februar mit den Plädoyers der Verteidigung fortgesetzt werden. Mit dem Urteil ist voraussichtlich am 17. Februar, ab 13:00 Uhr zu rechnen. Weitere Informationen zum Prozess finden Sie in unserem Herbstnewsletter 43/2013 (S.3&4)