Anlaufstelle Mitte (Magdeburg), 28.03.2004

Am 1. April beginnt vor dem Amtsgericht Halberstadt der Prozess gegen sechs Rechtsextremisten, denen vorgeworfen wird, in der Nacht vom 16. August 2003 an dem schweren Überfall auf das soziokulturelle Zentrum ZORA e.V. in Halberstadt beteiligt gewesen zu sein. Die Anklage gegen die Männer im Alter von 16 bis 31 Jahren lautet u.a. auf gefährliche Köperverletzung und schwerer Landfriedensbruch. Bei dem neonazistischen Angriff auf die ZORA war ein 21jähriger Konzertbesucher schwer verletzt worden. Einer der Angeklagten ist als Sänger der neonazistischen Band „Skinheads Sachsen-Anhalt“ (SSA) bekannt.

Der rechtsextreme Angriff auf BesucherInnen der ZORA im August 2003

Mit dem neonazistischen Angriff auf das soziokulturelle Zentrum ZORA in Halberstadt geriet die 40.000 Einwohnerstadt am Rande des Südharz erneut in den Blickpunkt der Medien.
Am Vorabend des rechtsextremen Rudolf-Hess-Gedenkmarsches in Wunsiedel griff ein Dutzend Aktivisten der extremen Rechten gegen 3 Uhr nachts BesucherInnen der ZORA an- In dem soziokulturellen Zentrum war gerade ein Ska-Konzert mit rund siebzig Besuchern, darunter zwanzig TeilnehmerInnen eines internationalen antirassistischen Workcamps, zu Ende gegangen. Für die ZeugInnen begann der Angriff völlig unvermutet: „Plötzlich flogen Steine, Flaschen und Dachziegel,“ erinnert sich ein Anwesender. Ein 21jähriger Konzertbesucher erlitt schwere Gesichtsverletzungen, als die Rechten ihn mit Bierflaschen und Zaunlatten ins Gesicht schlugen. Der behandelnde Notarzt stellte fest, dass die Verletzungen des Betroffenen lebensbedrohliche Komplikationen nach sich hätten ziehen können.

Während die Polizei in den folgenden Tagen in ihren Pressemitteilungen lediglich von einem schwer verletzten Opfer sprach, erfuhr die Mobile Opferberatung von einem zweiten Opfer der rechtsextremen Angreifer. Der Betroffene war den Rechten im Vorfeld des Angriffs zufällig auf der Straße begegnet und wurde ohne ersichtlichen Grund mit einer Bierflasche ins Gesicht geschlagen. Zudem wurde bekannt, dass einige der mit Zaunlatten bewaffneten Rechten ebenfalls im Vorfeld des Angriffs auf die ZORA versucht hatten, gewaltsam in ein alternatives Wohnprojekt einzudringen. Dieser Angriff scheiterte allerdings.

Zudem erfuhr die Mobile Opferberatung, dass in der Nacht nach dem Angriff ein junger Obdachloser von drei augenscheinlich Rechtsextremen zusammengeschlagen worden sei und in der Folge durch die Stadt gehetzt wurde.

Der Prozess vor dem Amtsgericht Halberstadt

Ein Dreivierteljahr nach dem Angriff beginnt nun am 1. April der Prozess gegen sechs mutmaßliche Tatbeteiligte an dem Angriff auf die ZORA vor dem Amtsgericht Halberstadt. Zunächst sind zwei Prozesstermine angesetzt für den 1. April und den 6. April 2004. Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten im Alter von 16 bis 31 Jahren u.a. gefährliche Körperverletzung und Landfriedensbruch vor. Einige von ihnen sind einschlägig wegen Körperverletzungsdelikten vorbestraft und der 31jährige Angeklagte Peter K. ist als Sänger der neonazistischen Band „SSA“ aus Halberstadt bekannt. Bei einer Wohnungsdurchsuchung wurde bei ihm u.a. mehrere SSA-CDs mit dem Titel „Der Kampf hat begonnen“ beschlagnahmt. Zwei Wochen nach dem Angriff auf die ZORA beschlagnahmte die Polizei bei einer weiteren Durchsuchungsaktion gegen andere mutmaßliche SSA-Mitglieder u.a. Neonazi-CDs, Hitlerfiguren, mehrere Hakenkreuzfahnen sowie größere Mengen an rechtsextremen Propagandamaterial.

Die Mobile Opferberatung wird den Prozess beobachten. Informationen über die weiteren Ereignisse werden auf der Website veröffentlicht.