Beginn: Donnerstag, den 5. September 2019, 9 Uhr, Amtsgericht Halberstadt, Richard-Wagner-Str. 52, 38820 Halberstadt, Saal 205

Am kommenden Donnerstag verhandelt das Jugendschöffengericht am Amtsgericht Halberstadt gegen einen heute 21-Jährigen, dem gefährliche Körperverletzung mittels einer Bierflasche vorgeworfen wird. Der davon betroffene Schüler, ein 15-jähriger Geflüchteter aus Syrien, wurde unmittelbar vor dem Angriff rassistisch beschimpft und erlitt dadurch eine stark blutende Kopfplatzwunde.

Die Staatsanwaltschaft Magdeburg blendet das Motiv in ihrer Anklage aus und reduziert die rassistischen Pöbeleien und Beleidigungen auf eine von dem Angeklagten provozierte, „verbale Auseinandersetzung“. So verzichtete sie im Vorfeld des Prozesses explizit auf die Verfolgung der rassistischen Beleidigung und stellte das Verfahren wegen der zu erwartenden Strafe für die Körperverletzung ein. “Die Teileinstellung des Vorwurfs der Beleidigung ist für uns nicht nachvollziehbar, weil sie nicht zuletzt ein mangelndes Interesse der Staatsanwaltschaft Magdeburg an der Thematisierung und Aufklärung der rassistischen Tatmotivation befürchten lässt”, kritisiert eine Sprecherin der Mobilen Opferberatung.

Bislang ist für den Prozess ein Verhandlungstag angesetzt, an dem insgesamt sechs Zeug*innen gehört werden sollen.

Details zum Angriff:
Zum geplanten Prozessbeginn wird der massive rassistische Angriff in der Regionalbahn von Halberstadt nach Aschersleben auf den Tag genau ein Jahr zurückliegen: Am 5. September 2018, kurz nach 20 Uhr abends, unterhält sich der Schüler im Zug mit einem Bekannten, als er von einem Unbekannten angepöbelt wird, er solle deutsch sprechen. Zudem beschimpft und beleidigt der Mann den 15-Jährigen rassistisch. Obwohl der Betroffene signalisiert, er wolle kein Problem, schlägt ihm der Unbekannte schließlich zielgerichtet eine Bierflasche auf den Kopf. Als der Schüler sich wehrt, wird er von dem Angreifer gewürgt. Erst als ein Begleiter des Täters verbal interveniert, lässt er von dem Betroffenen ab.

Dem 15-Jährigen wird schwindelig und er bemerkt plötzlich auch das viele Blut an seinem Kopf und seinem Pullover. Schließlich treffen Polizeibeamte und ein Rettungswagen am Bahnhof in Wegeleben ein, wo der Zug zum Stehen gebracht wurde. Der Betroffene wird noch vor Ort von einem Sanitäter versorgt und muss anschließend im Krankenhaus mit mehreren Stichen am Kopf genäht werden. Zudem erleidet er u.a. Hämatome am Hals und hatte noch geraume Zeit Kopfschmerzen.

Achtung Bildberichterstatter*innen:
Wir bitten im Sinne des Betroffenen darum, auf Film- bzw. Bildaufnahmen von ihm zu verzichten. Für Interviews steht Ihnen nach Möglichkeit vor Ort seine Nebenklagevertreterin zur Verfügung.