Anlaufstelle Mitte (Magdeburg), 03.11.2004

An dem gezielten Angriff beteiligten sich u.a. stadtbekannte Aktivisten der militanten „Kameradschaft Festungsstadt“

Im Anschluss an die Montagsdemonstration am 1.11.2004 in Magdeburg griff eine fünfzehnköpfige Gruppe stadtbekannter, mit Knüppeln bewaffneter Neonazis linke Jugendliche an, die an der Demonstration gegen die Hartz IV-Reformen teilgenommen hatten. Dabei gingen die Neonazis gezielt vor: Zunächst provozierten zwei sogenannte Anti-Antifa-Aktivisten die linken Jugendlichen, die nach dem offiziellen Ende der Montagsdemonstration unter Polizeibegleitung in Richtung Hauptbahnhof liefen. Dann griff die Gruppe von 15 Neonazis, die sich neben dem Eingangsbereich von Karstadt versteckt hatte, mit Knüppeln bewaffnet die linken Jugendlichen an, die gerade um die Ecke kamen. Eine junge Frau wurde bei dem Angriff durch Schläge ins Gesicht und auf die Arme verletzt; zwei weitere linke Jugendliche erlitten leichte Verletzungen.

„Für uns war klar, dass die Neonazis die Situation provoziert hatten, um ihren Angriffsplan durchzuführen,“ so die Wahrnehmung einiger Betroffener des Angriffs. Bei der Polizei hingegen herrschte unmittelbar nach dem Angriff offenbar die Meinung vor, die linken Jugendlichen hätten die Auseinandersetzung begonnen. „Neonazis präsentieren sich immer dann in der Opferrolle, wenn sie Täter waren und Verantwortung für Gewalttaten übernehmen müssten,“ so Heike Kleffner von der Mobilen Beratung für Opfer rechtsextremer Gewalt. „Wenn die Ermittlungsbehörden in Magdeburg auf diese altbekannte Neonazitaktik hereinfallen würden, wäre das sehr zu bedauern.“

Wenige Minuten nach dem Angriff nahm die Polizei mehrere stadt- und polizeibekannte Neonazis, darunter Florian F. und Bennett S. kurzzeitig fest; bei einigen der festgenommenen Rechten wurden Knüppel und eine sogenannte Hassmaske zum Vermummen gefunden. Alle Festgenommenen sind in der Vergangenheit als Aktivisten der militanten neonazistischen „Kameradschaft Festungsstadt“ aufgefallen. Die Kameradschaft hatte mit Beginn der Montagsdemonstrationen für überregionale Schlagzeilen gesorgt, weil es ihr mehrfach gelungen war, mit bis zu 40 Rechten – teilweise an der Spitze – der Montagsdemonstrationen teilzunehmen. Versuche von linken Jugendlichen und Monitoring-Gruppen wie Miteinander e.V. und der Mobilen Opferberatung, die Organisatoren der Proteste zu einem Ausschluss der organisierten Rechtsextremisten zu bewegen, scheiterten über zwei Monate lang. Durch die verharmlosende Herangehensweise der Demo-Organisatoren wurde die extreme Rechte bei den Montagsdemonstrationen in Magdeburg als scheinbar normale politische Kraft legitimiert.

Anfang Oktober erklärten die Neonazis der Kameradschaft Festungsstadt auf ihrer Website www.festungsstadt.com von sich aus den Verzicht auf weitere Teilnahmen an den Magdeburger Montagsdemonstration und beklagten, dass deren Organisator Andreas Erhold mit ihnen getroffene Absprachen nicht einhalte. In der im Internet verbreiteten Erklärung drohten die Rechtsextremisten mit „neuen Aktionsformen“. Offenbar durch ihre erfolgreiche Teilnahme an den Montagsdemonstrationen gestärkt, setzen sie diese am Montag in die Tat um.