Anlaufstelle Mitte (Magdeburg), 02.03.2005

Staatsanwaltschaft will Anklage um zwei Körperverletzungsdelikte erweitern.
Nächste Prozesstermine: Montag, 7. März 2005 ab 10:00 Uhr sowie eventuell Plädoyers am 14. März 2005 ab 10:00 Uhr, jeweils Landgericht Halle, Saal 155

Im Prozess um die Tötung des 60jährigen Helmut Sackers im April 2000 in Halberstadt durch einen rechtsextremen Skinhead hat das Landgericht Halle am Montag, den 28. Februar 2005, einen Befangenheitsantrag der Verteidigung des Angeklagten als unzutreffend abgewiesen. Am gleichen Prozesstag beantragte die Staatsanwaltschaft, die Anklage um zwei Körperverletzungsdelikte zu erweitern. Nach Anhörung der medizinischen Gutachter geht die Staatsanwaltschaft nun offenbar avon aus, dass der Angeklagte Andreas S. dem 60jährigen Helmut Sackers erst durch einen Schlag ins Gesicht das Nasenbein brach und weitere Verletzungen im Gesicht zufügte, bevor der damals 30Jährige Angeklagte dann Helmut Sackers mit vier Messerstichen tödlich verletzte. Über den Antrag der Staatsanwaltschaft auf Klageerweiterung hat das Landgericht Halle bislang noch nicht entschieden.

Ebenfalls am Montag, den 28. Februar, lehnte das Landgericht Halle einen Beweisantrag des Nebenklagevertreters Wolfgang Kaleck ab. Der Rechtsanwalt, der die Angehörigen des Getöteten vertritt, hatte beantragt, über 90 rechtsextremen CDs, neonazistischen Magazine sowie rechtsextremes Propagandamaterial verbotener Organisationen wie Videos mit Mordaufrufen an politischen Gegnern, die nach der Tötung von Helmut Sackers beim Angeklagten gefunden wurden, in Augenschein zu nehmen und Sachverständige zu deren Inhalt und Bedeutung anzuhören. Der Angeklagte habe seine „frühere Zugehörigkeit zur rechten Szene“ im Prozess eingeräumt, so der Vorsitzende Richter zur Begründung. Zudem sei der Inhalt der aufgefundenen CDs unstrittig und eindeutig rechtsextrem. Die Kammer berief sich bei ihrer Ablehnung des Beweisantrags der Nebenklage auch auf die Aussagen zweier psychiatrischer Gutachter im Prozess, die erklärt hatten, der rechtsextreme Inhalt der Musik habe keinen Einfluss auf die Tat gehabt.

Helmut Sackers hatte eine Stunde vor seinem Tod am Abend des 29. April 2000 über Notruf die Polizei in Halberstadt verständigt: „Bei uns im Haus werden Nazilieder gespielt, Horst -Wessel-Lied, ganz laut.“ Die Polizeibeamten, die sich daraufhin zu der besagten Wohnung begaben, ermahnten den Wohnungsinhaber und jetzigen Angeklagten, während Helmut Sackers dem damals 29jährigen Skinhead Andreas S. für den Wiederholungsfall mit einer Anzeige drohte. Eine Stunde später war der 60Jährige Helmut Sackers tot, verblutet an vier Messerstichen im Treppenhaus des Plattenbaus, in dem er mit seiner Lebensgefährtin wohnte.

Am Ende der Verhandlung am Montag dieser Woche verkündete die Kammer ihre vorläufige Planung für die kommenden Prozesstermine. Am Montag, den 7. März muss unter Umständen über einen weiteren Befangenheitsantrag der Verteidigung des Angeklagten entschieden werden. Zudem hat das Gericht einen Sachverständigen des LKA Sachsen-Anhalt zur Frage möglicher Kampfspuren an der Jacke des Angeklagten sowie einen Hundegutachter geladen, der den Hund des Getöteten begutachtet hat. Als vorläufigen Termin für Plädoyers nannte das Gericht Montag, den 14. März 2005.