Anlaufstelle Süd (Halle), 19.03.2013

Am Dienstag, den 26. März 2013, wird um 09.00 Uhr vor dem Landgericht Halle der Berufungsprozess gegen einen 26-jährigen Rechten wegen gefährlicher Körperverletzung eröffnet. Dem einschlägig vorbestraften Angeklagten wird von der Staatsanwaltschaft Halle vorgeworfen, bei einem Gruppenangriff auf zwei Punks vor mehr als zwei Jahren in Bad Dürrenberg einen der Betroffenen mit einem Schlagring gegen den Kopf geschlagen zu haben.
Zu diesem bisher einzigen Hauptverhandlungstermin sind zehn Zeug_innen, darunter die zwei Betroffenen des Angriffs, von denen einer im Prozess als Nebenkläger auftritt, geladen.

Brutaler Gruppenangriff auf Punks

Am 23. Februar 2011 gegen 21:30 Uhr begegnen ein 23-jähriger Punk und seine 24-jährige Begleiterin plötzlich einer 15- bis 20-köpfigen Gruppe überwiegend vermummter Rechter, die mit Schlagstöcken und Baseballschläger bewaffnet sind. Der 23-Jährige, der einen Aufnäher “Love Musik – Hate Fascism” auf seiner Jacke trägt, wird beim Vorbeilaufen gefragt, ob er wisse was Faschismus bedeute. Er bejaht dies und geht weiter. Plötzlich erhält er mehrere Schläge mit einem Teleskopschlagstock auf seinen Hinterkopf. Zudem versetzt ihm ein weiterer Angreifer einen Fauststoß mit einem Schlagring gegen seine Schläfe, sodass er zu Boden geht. Während der Betroffene aufstehen und flüchten kann wird seine 24-jährige Begleiterin massiv gegen den Rücken getreten. Dann wird sie gefragt, ob sie “auch eine Zeckenschlampe” sei. Schließlich lassen die Rechten die Punkerin gehen. Der 23-Jährige erleidet mehrere Kopfplatzwunden, die 24-Jährige erhebliche Rückenschmerzen.

Nach dem Angriff hatte die Polizei Ermittlungen wegen besonders schwerem Landfriedens-bruch und gefährlicher Körperverletzung aufgenommen und u.a. auch Hausdurchsuchungen vorgenommen (die Mitteldeutsche Zeitung Merseburg/ Querfurt berichtete am 25. und 26.02.2011). Die Ermittlungsverfahren gegen acht weitere Beschuldigten wurden jedoch in der Folge mangels Tatverdachts eingestellt.

Verurteilung in erster Instanz

Mitte November 2012 wurde der 26-Jährige Angeklagte nach zwei Prozesstagen am Amtsgericht Merseburg wegen gefährlicher Körperverletzung und unter Einbeziehung eines vorangegangenen Urteils zu einem Jahr und acht Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Da sein Verteidiger Thomas Jauch – der seit Jahren immer wieder rechte Gewalttäter vor Gericht vertritt – Rechtsmittel einlegte, kommt es nun erneut zu einem Prozess am dafür zuständigen Landgericht in Halle.

Daneben treten u.a., wie bereits bei dem vorangegangenen Prozess am Amtsgericht Merseburg, sechs Angehörige der rechten Szene als Zeugen auf. Gegen diese wurde ursprünglich auch ermittelt, die Verfahren aber mangels Tatverdacht eingestellt.

Saalekreis weiterhin Schwerpunkt rechter und rassistischer Gewalt

Der Saalekreis ist seit Jahren ein Schwerpunkt von rechter und rassistischer Gewalt in Sachsen-Anhalt. Auch 2012 wurden hier neun Angriffe durch die Mobile Opferberatung registriert. So der rassistische Angriff auf die Betreiber_innen eines Imbiss in Mücheln am 25. Februar 2012. Der anstehende Prozess gegen die Angreifer am Amtsgericht Merseburg steht noch aus. Exemplarisch für die Lage in Bad Dürrenberg steht ein Angriff vom 15. Juni 2012, bei dem neun alternative Jugendliche durch eine etwa 14 köpfige Gruppe z.T. ver-mummter Rechter angegriffen wurden. Nicht nur dieser Angriff ist ein Zeichen für die anhaltende Bedrohungslage von Punks und Alternativen in Bad Dürrenberg durch Rechte.