Rechtliche Hinweise

Diese Zusammenstellung dient nur einer ersten, groben Orientierung. Sie erhebt keinen Anspruch auf rechtliche Verbindlichkeit. Eine etwas umfassendere Darstellung finden Sie als Download in mehreren Sprachen auf unserer Homepage.

Strafverfahren
Sie möchten nicht alleine zur Polizei gehen? Sie befürchten, nicht ernst genommen zu werden oder dass sich die Polizei mehr für Ihren Aufenthaltsstatus interessiert als für den Angriff gegen Sie? Sie können sich von einer Person Ihres Vertrauens – einem Freund oder einer Freundin, Familienangehörigen oder von Mitarbeiter_innen einer Beratungsstelle – zur Polizei (oder zur Staatsanwaltschaft und zum Gericht) begleiten lassen. Ihre Begleitung darf – wenn Sie das beantragen – auch bei der Vernehmung dabei sein. Wenn die Polizei dies ablehnt, muss Ihnen der Grund dafür genannt und dieser schriftlich vermerkt werden. Sie verstehen kein oder wenig Deutsch? Sie möchten bei der Polizei eine Sprache sprechen, die Ihnen vertraut ist? Sie haben das Recht auf einen Dolmetscher oder eine Dolmetscherin – sowohl bei der Anzeigenerstattung bei der Polizei als auch bei allen nachfolgenden Vernehmungen und vor Gericht. Ihnen entstehen dafür keine Kosten. Machen Sie von diesem Recht Gebrauch, weil es für jede Aussage sehr wichtig ist, dass diese möglichst genau und klar formuliert ist. Bei der Anzeigenerstattung werden Sie in der Regel zunächst zu Ihren Personalien befragt, das heißt: Name, Geburtstag und -ort, Wohnanschrift und Tätigkeit. Haben Sie Angst davor, dass Ihre Wohnanschrift dem oder der Beschuldigten bekannt wird? Sie haben die Möglichkeit, eine andere sogenannte ladungsfähige Anschrift anzugeben, wenn Sie gefährdet sind. Das kann z.B. die Adresse Ihres Anwaltes bzw. Ihrer Anwältin oder Ihrer Arbeitsstelle sein. Sie müssen dann dafür Sorge tragen, dass Polizei und Justiz Sie jederzeit über diese Anschrift laden können. Bereits bei der Anzeigenerstattung bzw. Ihrer Aussage bei der Polizei wird es sich auszahlen, wenn Sie vorher noch einmal überlegt haben, wie der genaue Ablauf des Angriffs war. Denn man wird Sie detailliert zu dem Tatgeschehen befragen, weil Ihre Aussage bei der Polizei in der Regel die Grundlage der Ermittlungen darstellt und daher sehr wichtig ist. Sollten Sie die Angreifer_innen nicht genau erkannt haben, dann beschreiben Sie sie genau so, wie Sie sie in Erinnerung haben. Lesen Sie sich ihre Anzeige gründlich durch, bevor Sie sie unterschreiben und korrigieren Sie bei Bedarf die Passagen, die nicht richtig oder nicht vollständig protokolliert wurden. Sie haben ein Recht darauf, dass Ihnen die Polizei eine Bestätigung Ihrer Anzeige bzw. Ihres Strafantrags übergibt. Auf der Bestätigung steht eine sogenannte Tagebuchnummer oder ein Geschäftszeichen. Diese brauchen Sie, wenn Sie später nach dem Stand des Verfahrens fragen wollen. Wenn Sie informiert werden wollen, wie das Verfahren gegen den oder die Beschuldigten ausgegangen ist, ob es zum Beispiel eingestellt wurde oder wie das Gericht geurteilt hat, dann können Sie dies bei der Staatsanwaltschaft beantragen.  Bei der Staatsanwaltschaft oder beim Gericht können Sie zudem beantragen, dass Ihnen mitgeteilt wird, ob der oder die Beschuldigten in Haft genommen bzw. wieder entlassen wurden. Die Polizeibeamt_innen müssen Sie über Ihre Rechte und Möglichkeiten informieren, wozu auch gehört, sich anwaltlich vertreten zu lassen, sich als Nebenkläger_in an dem Strafverfahren zu beteiligen, das Recht auf Akteneinsicht, Entschädigungsansprüche geltend zu machen, Anträge nach dem Gewaltschutzgesetz zu stellen sowie über Unterstützungsmöglichkeiten durch Opferhilfeeinrichtungen. Es kommt immer wieder vor, dass Flüchtlinge und Migrant_innen von Polizeibeamt_innen nicht ernst genommen werden, manchmal wird ihnen sogar die Verantwortung für einen rassistischen Angriff gegeben oder die Beamt_innen wollen ihnen aufenthaltsrechtlichen Ärger machen. Sollten sich Polizeibeamte unangemessen verhalten – wenn sie beispielsweise Ihre Anzeige nicht entgegennehmen –, dann können Sie eine Dienstaufsichtsbeschwerde schreiben. Auch hierfür finden Sie Unterstützung bei Opferberatungsprojekten oder Anwält_innen.

Wie läuft ein Strafverfahren ab?
Wenn Sie Anzeige erstattet und bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft ausgesagt haben, muss die Polizei mit den Ermittlungen beginnen. Das kann manchmal Wochen, aber auch mehrere Monate dauern. Anschließend geht die Akte zur Staatsanwaltschaft. Dort wird darüber entschieden, wie es weitergeht: Ob weitere Ermittlungen notwendig sind, ob das Verfahren eingestellt wird, weil keine Tatverdächtigen ermittelt werden konnten, oder ob Anklage beim Gericht erhoben wird. Wenn die Staatsanwaltschaft Anklage erhebt, entscheidet das Gericht über die Prozesseröffnung. Bis eine Gerichtsverhandlung beginnt, kann viel Zeit vergehen, in Einzelfällen sogar mehrere Jahre. Eine Ausnahme tritt ein, wenn ein Tatverdächtiger in Untersuchungshaft sitzt. Dann muss das Gericht in der Regel innerhalb von sechs Monaten den Prozess eröffnen. Um das Strafverfahren von Anfang an aktiv mitverfolgen und mitbestimmen zu können, können Sie sich als Geschädigte bzw. Geschädigter einen Anwalt oder eine Anwältin suchen und sich von diesen beraten und als sogenannter Nebenkläger bzw. Nebenklägerin vertreten lassen.  Sollte es zu einer Gerichtsverhandlung kommen, haben Sie in den meisten Fällen auch die Möglichkeit als Nebenkläger_in aufzutreten. Auch vor Gericht können Sie sich von Ihrem Anwalt oder Ihrer Anwältin vertreten lassen. Dies ist u.a. sinnvoll, damit Ihre Interessen als Opfer eines Angriffs im Prozess vertreten werden. Von der Pflicht, bei der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht eine Aussage zu machen, befreit Sie die Vertretung durch einen Anwalt bzw. eine Anwältin allerdings nicht.

Zivilverfahren
Im Zivilverfahren geht es um direkte Geldforderungen der_des Betroffene_n an den_die Täter_innen, also Schmerzensgeld und Schadensersatz. Es ist empfehlenswert mit dem Zivilverfahren zu warten, bis das Strafverfahren abgeschlossen ist und die Schuld der Täter_innen eindeutig feststeht. Eine diesbezügliche Klage kann bis spätestens drei Jahre nach der Tat eingereicht werden. Ist eine außergerichtliche Einigung – ein Vergleich – nicht möglich, so befindet ein Gericht über diesen Rechtsstreit zweier „Privatparteien“. Man kann und sollte sich in diesem Verfahren durch einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin vertreten lassen. Es ist hier möglich, Prozesskostenhilfe zu beantragen. Oft ist bei dem_den_der Täter_innen finanziell nichts zu holen. Trotzdem ist die Klage auf Schmerzensgeld oder Schadensersatz nicht sinnlos, denn der „Rechtstitel“, der damit erworben wird, ist über viele Jahre einklagbar und die Kosten (Gerichts – und meist auch Anwaltsgebühren) trägt normalerweise der_die Verurteilte.

Erwachsenenstrafrecht – Jugendstrafrecht
Oft sind die rechtsextremen Täter_innen Jugendliche (zur Tatzeit 14, aber noch nicht 18 Jahre alt) oder Heranwachsende (zur Tatzeit 18, aber noch nicht 21). Bei Jugendlichen wird grundsätzlich das Jugendstrafrecht angewandt, dessen Zielsetzung in erster Linie die Erziehung und nicht die Bestrafung des_der Jugendlichen ist. Entsprechend wird hier der geistige Reifeprozess der Jugendlichen, ihre familiäre Situation und berufliche Perspektiven berücksichtigt. Die Rechte der Betroffenen sind in Strafverfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende in einigen Punkten beschnitten: Ist die_der Täter Jugendliche_r, ist eine Nebenklage unzulässig. Die Öffentlichkeit wird grundsätzlich von der Hauptverhandlung ausgeschlossen, wenn alle Angeklagten Jugendliche sind. Ist der_die Täter_in Heranwachsende_r, ist Nebenklage zulässig, aber das Gericht kann die Öffentlichkeit ausschließen, wenn es befindet, dass die_der Heranwachsende in seiner_ihrer Reife einem_einer Jugendlichen gleichzusetzen und der Ausschluss im Interesse seiner_ihrer Entwicklung geboten sei. Dann wird auch hier das Jugendstrafrecht angewandt.

Strafanzeige – Strafantrag
Wenn Sie sich für das Erstatten einer Anzeige entscheiden, können Sie den Vorfall persönlich oder schriftlich bei jeder beliebigen Polizeidienststelle oder Staatsanwaltschaft bekannt geben. Einige Straftatbestände (z.B. einfache Körperverletzung, Beleidigung) werden nur verfolgt, wenn Sie ausdrücklich Ihr Interesse an der Strafverfolgung bekunden. Dies tun Sie, indem Sie mit der Anzeige auch noch einen Strafantrag stellen und dies mit Ihrer Unterschrift auf einem Formular bestätigen, das Sie von der Polizei erhalten. Für alle, die noch nicht 18 Jahre alt sind, muss der Strafantrag durch einen Elternteil bzw. gesetzlichen Vertreter gestellt werden.

Sachstandsanfrage
Wenn Sie wissen wollen, ob ein_e Tatverdächtige_r ermittelt wurde, ob Anklage erhoben wurde oder das Verfahren eingestellt wurde (und Sie keine Mitteilung erhalten haben), haben Sie die Möglichkeit bei der Polizei bzw. bei der Staatsanwaltschaft eine Sachstandsanfrage zu stellen. Eine Sachstandsanfrage ist nichts weiter als
ein Brief, in dem Sie die Tagebuchnummer auf Ihrem Anzeigenformular angeben und Sie sich nach dem Stand Ihrer „Sache“ erkundigen. Bevor Sie eine solche schriftliche Sachstandsanfrage stellen, können Sie auch den entsprechenden Staatsanwalt telefonisch um Auskunft bitten.

Beschleunigtes Verfahren
Die Staatsanwaltschaft kann beim zuständigen Amtsgericht die Durchführung des „beschleunigten Verfahrens“ beantragen, wenn die_der Angeklagte_n älter
als 21 Jahre ist/sind und die angeklagte Straftat
höchstens eine Haftstrafe von bis zu sechs Monaten nach sich ziehen könnte. Die Tat wird dann innerhalb von 14 Tagen abgeurteilt. Gegen rechtsextremistische Täter_innen wurde dieses Verfahren bisher vor allem nach Geständnissen angewandt.

Einstellung des Verfahrens
Die Staatsanwaltschaft kann nach einer angemessenen Ermittlungsdauer das Strafverfahren einstellen, wenn die Täter_innen nicht ermittelt werden konnten oder die Beweise nicht ausreichen. Die Einstellung des Verfahrens wird Ihnen, zumindest wenn Sie Strafantrag gestellt haben, von der Staatsanwaltschaft mitgeteilt. Sie und auch jeder andere kann dagegen beim Generalstaatsanwalt formlos Dienstaufsichtsbeschwerde einlegen. Wurden Sie bei dem Angriff verletzt, können Sie die Einstellung des Verfahrens in einem Klageerzwingungsverfahren auch förmlich anfechten. Dazu müssen Sie innerhalb von zwei Wochen Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltsschaft einlegen und, falls dies erfolglos bleibt, innerhalb von einem Monats beim Oberlandesgericht eine gerichtliche Entscheidung beantragen. Beim Antrag auf gerichtliche Entscheidung müssen bestimmte Förmlichkeiten beachtet werden. Sie sollten sich deshalb hierbei von einem Rechtsanwalt_einer Rechtsanwältin beraten lassen. Auf Antrag wird dafür Prozesskostenhilfe bewilligt.

Warum einen eigenen Anwalt?
Wenn Sie keinen Anwalt oder keine Anwältin haben, bekommen Sie von dem Verfahren bis auf Ihre Vernehmung bei der Polizei (und eventuell der Staatsanwaltschaft) in der Regel nichts mit. Irgendwann erhalten Sie einen Brief, in dem entweder steht, dass das Verfahren eingestellt wurde (weil z.B. niemand als Tatverdächtiger ermittelt wurde), oder dass Sie als Zeuge bzw. Zeugin zur Gerichtsverhandlung geladen werden. Dort werden Sie dann als »ganz normaler« Zeuge behandelt. Sie werden zu einem bestimmten Zeitpunkt zu der schon laufenden Verhandlung geladen und müssen dann Ihre Aussage in Anwesenheit des Angeklagten, der Verteidigung, des Gerichts und der Staatsanwaltschaft machen. Irgendwann kommt es zur Urteilsverkündung. Und das war‘s dann. Sollten Sie sich für die Vertretung durch einen eigenen Anwalt bzw. eine eigene Anwältin entscheiden, sich also als sogenannter Nebenkläger an dem Verfahren beteiligen, sieht das Ganze etwas anders aus. Als Geschädigter bzw. Geschädigte einer Gewalttat haben Sie die Möglichkeit, sich dem Strafverfahren als Nebenkläger_in anzuschließen. Voraussetzung ist allerdings, dass einer der Täter_innen zum Tatzeitpunkt über 18 Jahre alt war. Waren die Täter_innen zum Tatzeitpunkt noch minderjährig, ist die Nebenklage nur zulässig, wenn es sich bei der Tat um ein Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung handelt. Über einen Anwalt oder eine Anwältin, Ihre Nebenklagevertretung, können Sie z.B. bereits vor der Gerichtsverhandlung Einsicht in die Ermittlungsakten erhalten. So können Sie u.a. erfahren, was die Polizei im Einzelnen ermittelt hat. Und Sie können auch kontrollieren, ob in der Akte alle wichtigen Sachverhalte vorkommen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass Sie Ihr Anwalt oder Ihre Anwältin ausführlich auf das vorbereiten kann, was Sie im Prozess erwartet. Außerdem kann Ihr Anwalt oder Ihre Anwältin vor und während des Gerichtsverfahrens Beweisanträge stellen, z.B. um den rassistischen Hintergrund der Tat deutlich zu machen. Damit kann verhindert werden, dass der rassistische Angriff als unpolitische Auseinandersetzung abgetan und die damit einhergehende besondere Entwürdigung und Bedrohung ignoriert wird. Als Nebenklagevertretung kann Ihr Anwalt oder Ihre Anwältin während des gesamten Prozesses dabei sein. Damit hat er oder sie auch die Möglichkeit, Fragen an die Angeklagten, an Zeug_innen und Sachverständige zu stellen und ein Plädoyer zu halten. Als Nebenkläger_in haben auch Sie das Recht, von Anfang an dabei zu sein. Bei Ihrer Zeugenaussage im Gerichtssaal kann Ihnen ihr Anwalt oder Ihre Anwältin wiederum eine Unterstützung sein. Er oder sie kann zum Beispiel beantragen, provozierende oder unsachliche Fragen der Verteidigung, also der Rechtsanwälte der Täter_innen, zurückweisen zu lassen. Wenn Sie also gerne aktiv an dem Strafverfahren gegen die Beschuldigten beteiligt sein möchten, dann ist es sinnvoll, einen Anwalt oder eine Anwältin zu beauftragen, um auf dem Weg der Nebenklägerschaft Ihre Interessen zu vertreten. Auch hier gilt: Wenn Sie noch nicht 18 Jahre alt sind, dann kann der Anwalt oder die Anwältin nur von Ihren gesetzlichen Vertretern (Mutter, Vater, Vormund) beauftragt werden.

Und wer zahlt den Anwalt?
Klar ist, dass Sie als Opfer rassistischer Gewalt nicht einen Cent bezahlen sollten, um Ihre Rechte in Anspruch zu nehmen. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, das Honorar für den Anwalt oder die Anwältin zu beantragen. Wenn Sie noch keine 18 Jahre alt sind, dann müssen die jeweiligen Anträge von einem Elternteil (bzw. gesetzlichen Vertreter) unterschrieben werden. Wird ein Täter rechtskräftig wegen des Angriffs gegen Sie verurteilt, dann muss er alle Kosten des Verfahrens tragen, also auch Ihre Rechtsanwaltskosten!

Beratungshilfe
Bei geringem Einkommen können Sie bei dem Amtsgericht in Ihrem Wohnort einen Antrag auf Beratungshilfe stellen. Sie erhalten einen sogenannten Beratungshilfeschein, der Ihnen ermöglicht, sich bei einem Anwalt oder einer Anwältin Ihrer Wahl beraten zu lassen. Der Anwalt oder die Anwältin kann von Ihnen dafür lediglich zehn Euro verlangen, Ihnen diese Summe aber auch erlassen.

Prozesskostenhilfe
Wenn Sie kein hohes Einkommen und auch kein Vermögen haben, dann werden Sie in der Regel berechtigt sein, Prozesskostenhilfe (PKH) zu erhalten. Dies gilt beispielsweise auch, wenn Sie Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder Arbeitslosengeld II beziehen. Hinzukommen muss, dass das Gericht der Auffassung ist, dass der Prozess für Sie ohne rechtliche Vertretung nicht zumutbar wäre. In diesem Fall würde also die Landeskasse die Kosten für Ihren Anwalt oder Ihre Anwältin übernehmen. Den entsprechenden Antrag können Sie sich von Ihrem Anwalt bzw. Ihrer Anwältin oder bei einem Opferberatungsprojekt geben und erklären lassen. Wenn Sie noch keine 18 Jahre alt sind, dann wird natürlich das Einkommen und Vermögen der Erziehungsberechtigten berücksichtigt.

Beistandsbestellung durch das Gericht
Bei besonders schweren Straftatbeständen (z.B. versuchter Totschlag oder Mord) oder wenn Ihr Anwalt oder Ihre Anwältin dem Gericht gegenüber begründen kann, dass Sie Ihre Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen können, kann Ihr Anwalt oder Ihre Anwältin auf Antrag unabhängig von Ihrem Einkommen oder Vermögen vom Gericht als Ihr Beistand bestellt werden. Das heißt: Die Staatskasse übernimmt für Ihre anwaltliche Vertretung die vollen Kosten. Gleiches gilt auch, wenn Du bei Antragstellung unter 16 Jahre alt bist. In diesen Fällen ist von Anfang an klar, dass die Rechtsanwaltskosten vom Staat übernommen werden.

Deutscher Anwaltverein
Sollte der Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt werden, dann kann Ihr Anwalt oder Ihre Anwältin für Sie als Opfer einer rassistischen Straftat beim Deutschen Anwaltverein (DAV) die Übernahme der Anwaltskosten beantragen. Sie können Ihren Anwalt bzw. Ihre Anwältin darauf ansprechen, dort einen Antrag zu stellen.

Weißer Ring
Und dann gibt es auch noch die bundesweite Organisation Weißer Ring. Der Weiße Ring hilft jeglichen Opfern von Gewaltstraftaten, die sich an ihn wenden. Dort kann man z.B. einen »Beratungsscheck« erhalten und damit den ersten Besuch beim Anwalt finanziert bekommen. In Fällen, in denen eine Finanzierung durch andere Anträge nicht erreicht wurde, ist es möglich, dass der Weiße Ring nach entsprechender Prüfung der Einkommenslage für die Kosten der Nebenklage aufkommt.

Was passiert im Gerichtssaal?
Wenn die Hauptverhandlung eröffnet wird, dann werden folgende Personen anwesend sein: Auf der einen Seite sitzen die Angeklagten mit ihren Verteidiger_innen, auf der gegenüberliegenden Seite sitzt ein Vertreter bzw. eine Vertreterin der Staatsanwaltschaft, die im Interesse des Staates die Anklage erhebt. Wenn Sie sich zu einer Nebenklage entschieden haben, dann wird neben der Staatsanwaltschaft Ihr Anwalt oder Ihre Anwältin sitzen und daneben könnten Sie Platz nehmen. Sofern Sie einen Dolmetscher oder eine Dolmetscherin benötigen, wird er oder sie neben Ihnen sitzen. Vorne sitzen die Richter_innen, je nach Schwere der Tat sind das zwischen ein und drei Berufsrichter_innen und zwei Laienrichter_nnen (Schöffen). Außerdem gibt es noch eine Person, die das Protokoll führt. Eventuell nehmen noch Sachverständige sowie je nach Alter der Angeklagten die Jugendgerichtshilfe teil, die ebenfalls auf der Seite der Staatsanwaltschaft sitzt. Wenn die Angeklagten zur Tatzeit 18 Jahre alt waren, ist die Öffentlichkeit zugelassen. Familienangehörige, Freund_innen und Bekannte können Sie dann zum Gericht begleiten und Sie mit ihrer Anwesenheit unterstützen. Denn oft ist es nicht einfach, den Angreifer_innen gegenüberzusitzen und vor ihnen zu sprechen. Mitarbeiter_innen des Opferberatungsprojekts in Ihrer Nähe werden Sie gerne begleiten und auf Wunsch auch einen Zeugenschutzraum für Sie organisieren, in dem Sie bis zu Ihrer Aussage warten können. Für Ihre Zeugenaussage werden Sie auf einem Stuhl hinter einem kleinen Tisch in der Mitte des Gerichtsaals Platz nehmen müssen. Versuchen Sie, sich von den Angeklagten schräg neben Ihnen nicht irritieren zu lassen. Am besten, Sie konzentrieren sich auf die Richter_innen. Sollten Sie sich sehr unsicher fühlen, kann sich auch Ihr Anwalt oder Ihre Anwältin neben Sie setzen. Auch wenn Sie bereits bei der Polizei ausgesagt haben, wird vor Gericht sehr ausführlich nach dem Tatgeschehen gefragt. Lassen Sie sich davon nicht beirren. Das ist normal und bedeutet nicht, dass Ihnen nicht zugehört oder nicht geglaubt wird. Aber Details – in welcher Hand hielt der Täter die Flasche? Wie viele Sekunden vergingen zwischen dem klirrenden Geräusch und dem Schlag? – spielen in der juristischen Beurteilung oftmals eine große Rolle. Hinzu kommt ein formaler Grund: Das Gericht kann nur die Dinge für das Urteil berücksichtigen, die während der Hauptverhandlung angesprochen wurden. Zudem können Ihnen alle Prozessbeteiligten Fragen stellen, auch die Verteidiger_innen der Angeklagten. Deren Aufgabe ist es, Ihre Zeugenaussage in Frage zu stellen und ganz genau zu überprüfen. Dies kann dazu führen, dass Ihnen viele und teilweise auch unangenehme Fragen gestellt werden. Aber je mehr der Richter oder die Richterin schon gefragt hat und Sie bereits geschildert haben, desto weniger bleibt der Verteidigung zu fragen. Lassen Sie sich durch die Fragen nicht verunsichern und fragen Sie nach, wenn Sie etwas nicht verstehen. Wenn Sie sich zum Anschluss als Nebenkläger_in entschieden haben, haben Sie ja auch noch Ihren Anwalt oder Ihre Anwältin, der bzw. die gegebenenfalls eingreifen kann. Nachdem Sie Ihre Aussage gemacht haben, können Sie sich entweder ins Publikum oder neben Ihren Anwalt bzw. Ihre Anwältin setzen. Sie können auch den Gerichtssaal verlassen und sich hinterher von Ihrem Anwalt oder Ihrer Anwältin berichten lassen, wie das Verfahren weiter verlaufen ist. Wenn Sie den Angriff öffentlich machen wollen, dann ist eine Gerichtsverhandlung eine gute Gelegenheit.

Was ist mit Schmerzensgeld und Schadensersatz?
Bei einem Strafverfahren können Sie als Geschädigter bzw. Geschädigte zwar durch eine Nebenklage eine aktive Rolle einnehmen. Das Hauptinteresse in einem Strafverfahren liegt jedoch auf der Feststellung der Straftat und der Verurteilung des Täters. Ihre Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld können Sie nur in einem eigenen Verfahren geltend machen, dem Zivilprozess. Ihr Anspruch auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld spielt im Strafverfahren in der Regel keine Rolle, es sei denn, Ihr Anwalt oder Ihre Anwältin beantragt, das Zivilverfahren mit dem Strafverfahren in einem sogenannten Adhäsionsverfahren zu verbinden. Ob ein solches Adhäsionsverfahren sinnvoll ist, sollten Sie dann mit Ihrem Anwalt oder Ihrer Anwältin besprechen. Wenn der Zivilprozess Aussicht auf Erfolg hat, dann stehen Ihnen zur Finanzierung der Anwaltskosten ähnliche Möglichkeiten offen wie beim Strafverfahren. Die Vor- und Nachteile all dessen sollten Sie mit Ihrem Anwalt oder Ihrer Anwältin erörtern. Einen Haken gibt es aber noch: Sollten die Täter_innen weder Geld noch Vermögen besitzen, dann nützt Ihnen auch das beste Gerichtsurteil nichts. Solange von den Täter_innen nichts einzutreiben ist, werden Sie von ihnen auch nichts bekommen.

Billigkeitsentschädigung durch das Bundesamt für Justiz
Eine unkomplizierte Möglichkeit, eine Entschädigung für den Angriff zu bekommen, bietet das Bundesamt für Justiz. Dort können Sie einen Antrag stellen. Voraussetzung ist hier aber, dass die Tat angezeigt wurde und eine rassistische oder rechte Motivation für den Angriff festgestellt wird.  In einem Formular muss man Angaben zum Vorfall und insbesondere zu den Folgen machen. Hier sollten Sie nicht nur die körperlichen Schäden angeben, sondern auch die psychischen Folgen. Wenn Sie also seit dem Angriff Schlafstörungen, Albträume oder Angstzustände haben, denn sollten Sie das auch aufschreiben. Auch hier sind ärztliche Atteste wieder nützlich: Auf jeden Fall dem Antrag beilegen! Das Bundesamt für Justiz zahlt dann nach Prüfung der Akten oder eines vorhandenen Urteils eine symbolische Entschädigung. Das Bundesamt für Justiz wird versuchen, das an Sie gezahlte Schmerzensgeld von den verurteilten Täter_innen zurückzuholen. Das Antragsformular erhalten Sie von Ihrem Opferberatungsprojekt oder können es sich auch vom Bundesamt für Justiz zuschicken lassen.