Anlaufstelle Mitte (Magdeburg), 08.11.2005

Knapp zwei Jahre, nachdem zwei polizeibekannte Rechte in einer Straßenbahn der Linie 94 einen Asylsuchenden aus Sierra Leone angegriffen und verletzt hatten, beginnt nun am Mittwoch, 9. November 2005 der Prozess gegen die mutmaßlichen Täter vor dem Amtsgericht Magdeburg. Die Staatsanwaltschaft wirft dem vorbestraften 27jährigen Rene L. und einem 20jährigen u.a. Volksverhetzung und gefährliche Körperverletzung vor.

Der Betroffene des Angriffs, ein 21jähriger Asylsuchender aus Sierra Leone, war am 24. Januar 2004 auf dem Rückweg ins Heim Rothensee, als er gegen Mitternacht in die Straßenbahn Linie 94 einstieg und dort unmittelbar nach dem Einsteigen von den beiden mutmaßlichen Tätern mit rassistischen Sprüchen wie “Neger”, “Bimbo” und “Affe” und “Verpiss dich, die Straßenbahn ist nur für Deutsche” beleidigt wurde.
Nachdem die beiden Rechten an der Haltestelle Zoo aus der Straßenbahn ausgestiegen waren, warf der 20Jährige eine noch fast volle Bierflasche gegen die Scheibe der Straßenbahn, hinter der der Asylsuchende saß. Der 21Jährige wurde durch die Flasche am Kopf getroffen und erlitt eine heftig blutende Kopfverletzung, die im Krankenhaus Olvenstedt genäht werden musste. Die Polizei konnte die Angreifer wenig später an einer Tankstelle festnehmen.
Der Generalbundesanwalt in Karlsruhe hat dem Betroffenen des Angriffs schon im Jahr 2004 eine Billigkeitsentschädigung als Opfer einer fremdenfeindlichen Gewalttat zuerkannt. Die lange Verzögerung der juristischen Aufarbeitung der Tat hat eine Verarbeitung des traumatischen Angriffs für den Betroffenen allerdings erheblich erschwert.

Die langwierige juristische Aufarbeitung hat auch eine fatale Signalwirkung an potenzielle Täter: Seit den Sommermonaten registriert die Mobile Opferberatung pro Monat eine rassistisch und fremdenfeindlich motivierter Straf- und Gewalttat in den öffentlichen Verkehrsmitteln und an Haltestellen in Magdeburg. Zuletzt wurde am Samstag, den 5. November gegen 5 Uhr morgens ein Nigerianer in einem Bus der Linie 93 von unbekannten Tätern mit rassistischen Sprüchen beleidigt und mit einer Bierflasche bedroht. Weil ein Zeuge einschritt, ließ der Angreifer von dem Opfer ab.